Wechselmodell mit Narzissten

Die Wechselmodell im Sorgerecht: Eine kritische Betrachtung bei narzisstischen Ex-Partnern

January 01, 202510 min read

In Deutschland gibt es verschiedene Modelle zur Regelung des Umgangsrechts und der elterlichen Sorge, wenn Eltern sich trennen. Eines der umstrittensten Modelle ist das paritätische Wechselmodell, bei dem das Kind zu gleichen Teilen bei beiden Elternteilen lebt. Doch was passiert, wenn ein narzisstischer Ex-Partner in die Gleichung kommt? Wie sicher und gesund ist ein solches Modell für das Kind, wenn manipulative Taktiken ins Spiel kommen?

1. Das Paritätische Wechselmodell: Was steckt dahinter?

Das paritätische Wechselmodell ist eine Form des Sorgerechts, bei dem beide Elternteile nahezu gleich viel Zeit mit dem Kind verbringen. In der Praxis bedeutet dies oft eine 50/50-Aufteilung der Betreuung, in der Regel wöchentlich oder in festen Zeitblöcken.

Vorteile dieses Modells:

  • Kinder profitieren von der Nähe zu beiden Elternteilen und einer gleichwertigen Bindung zu beiden (bei einer konfliktfreien Elternschaft).

  • Konflikte zwischen den Eltern werden in manchen Fällen minimiert, da beide Parteien in der Regel gemeinsame Verantwortung tragen.

Doch was passiert, wenn ein Elternteil narzisstische Tendenzen aufweist? Die Problematik wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass ein narzisstischer Ex-Partner häufig versucht, das Kind als Machtinstrument zu nutzen. In einem paritätischen Wechselmodell könnte dies durchaus dazu führen, dass das Kind ständig in einem Spannungsfeld zwischen den Elternteilen gefangen ist.

Ein prominentes Beispiel aus der Rechtsprechung ist der Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 25. November 2013, Aktenzeichen 3 UF 108/13), in dem das Gericht trotz eines Antrags auf paritätisches Wechselmodell entschied, dass ein solches Modell im speziellen Fall des hochkonflikthaften Elternstreits nicht im besten Interesse des Kindes sei. Das Gericht stellte klar, dass die Gleichwertigkeit der Betreuung nur dann sinnvoll ist, wenn die Eltern dazu in der Lage sind, ein kooperatives und respektvolles Gespräch über die Erziehung des Kindes zu führen. Im vorliegenden Fall war dies aufgrund des intensiven Streits nicht möglich. Das Gericht betonte, dass das Kind unter den ständigen Spannungen und dem Wechsel zwischen den Haushalten sehr litt, was letztlich zu einer Entscheidung gegen das paritätische Wechselmodell führte.

In mehreren anderen Urteilen, darunter Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, wurde ebenfalls festgestellt, dass das paritätische Wechselmodell nur dann zu einer nachhaltigen und stabilen Lösung führen kann, wenn die Eltern nicht nur in der Lage sind, den Wechsel zu organisieren, sondern auch konstruktiv miteinander kommunizieren können.

In Fällen, in denen dies nicht der Fall ist, kann der Aufenthalt des Kindes bei beiden Elternteilen zu einer stärkeren Belastung führen und sich negativ auf das Kindeswohl auswirken.

2. Die kritische Betrachtung des Wechselmodells bei einem narzisstischen Vater

Narzisstische Väter sind in der Regel nicht in der Lage, die Bedürfnisse des Kindes über ihre eigenen zu stellen. Sie neigen dazu, Kontrolle und Macht zu verlangen, auch auf Kosten des Kindeswohls. Das kann zu verschiedenen Problemen führen:

  • Manipulation durch den narzisstischen Vater: Ein narzisstischer Ex-Partner könnte das Wechselmodell nutzen, um das Kind gegen die Mutter aufzuhetzen oder dessen Bindung zu sabotieren.

  • Verwirrung und Unsicherheit beim Kind: Das ständige Wechseln zwischen den Eltern kann zu emotionaler Instabilität führen. Das Kind wird durch die unterschiedlichen Regeln, Werte und Erziehungsmethoden der Eltern verunsichert. Ein häufiges Szenario bei narzisstischen Eltern ist, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse vor die des Kindes stellen, was zu einer fehlenden emotionalen Sicherheit führt.

  • Vermeidung des Kindesschutzes: Gerichte und Behörden achten oftmals mehr auf die Elternrechte als auf das Wohl des Kindes. Das kann zu einer fehlenden Auseinandersetzung mit der Dynamik des narzisstischen Elternteils führen, was das Kind in eine noch schlimmere Position bringen kann.

3. Parallele Elternschaft: Eine weitere Herausforderung?

Ein weiteres Modell, das oft als Lösung in hochstrittigen Sorgerechtsfällen vorgeschlagen wird, ist die parallele Elternschaft. Hierbei behalten beide Elternteile die volle Verantwortung für das Kind, aber ohne direkt miteinander zu kommunizieren. Stattdessen wird die Kommunikation häufig über Dritte oder formalisiert abgewickelt, zum Beispiel durch Anwälte oder das Jugendamt. Auch der Einsatz von Apps oder Übergabebüchern soll dabei helfen, die Kommunikation zu strukturieren.

In der Theorie kann dieses Modell den Elternkonflikt entlasten und den Kindern eine stabile Umgebung bieten. Doch bei einem narzisstischen Ex-Partner kann auch dieses Modell problematisch werden.

Es gibt zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen und Urteile, bei denen die parallele Elternschaft unter strengen Bedingungen durchgeführt wurde, wobei viele dieser Fälle das Wohl des Kindes gefährdeten. Ein spezifisches Urteil, das immer wieder zitiert wird, ist das sogenannte „Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20. Dezember 2016“ (Aktenzeichen: 8 UF 124/16), in dem die Eltern in einem hochkonflikthaften Fall auf parallele Elternschaft verwiesen wurden. Das Gericht entschied jedoch, dass diese Lösung das Kind stärker belastete, da die Eltern unter keinen Umständen in der Lage waren, zu kommunizieren. Das Gericht stellte fest, dass das Kind unter dem Fehlen einer klaren Bezugsperson und der extremen Trennung der Eltern litt.

Es gibt auch weitere Fälle, in denen Familiengerichte eine parallele Elternschaft anordneten, die sich später als problematisch herausstellte. Das Landgericht Berlin sowie auch das Amtsgericht in Frankfurt am Main haben ähnliche Entscheidungen getroffen, bei denen die hohe Belastung der Kinder durch die unklare Erziehungssituation und das Fehlen einer kooperativen Elternschaft betont wurde.

Die Häufigkeit solcher Fälle ist schwer zu quantifizieren, aber Experten aus dem Familienrecht und Jugendämter weisen immer wieder darauf hin, dass parallele Elternschaft in Fällen von extremen Konflikten problematisch sein kann und oft negative Auswirkungen auf das Kind hat.

Warum das problematisch ist: Diese Verwirrung kann zu langfristigen psychischen Belastungen führen, da das Kind keine klare Vorstellung davon entwickeln kann, was es in der Erziehung erwarten darf.

Zahlreiche Psychologen und Fachleute argumentieren, dass Kinder in einer instabilen und manipulativen Umgebung emotionales Vertrauen verlieren und oft ein verzerrtes Bild von Bindung und Vertrauen entwickeln.

Quellen:

  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20. Dezember 2016 (Aktenzeichen: 8 UF 124/16)

  • Familienrechtliche Gutachten und Stellungnahmen aus der Praxis

  • Deutsches Institut für Normung (DIN), Fachgespräch zu paralleler Elternschaft und den Auswirkungen auf das Kindeswohl

    Zitat aus einem Fachgespräch (zusammengefasst): „Die parallele Elternschaft mag in Fällen von niedrigen Konflikten zwischen den Eltern sinnvoll erscheinen, doch in hochstrittigen Beziehungen oder bei psychisch belasteten Eltern kann sie das Kindeswohl erheblich gefährden. Kinder, die zwischen zwei völlig unterschiedlichen Erziehungsstilen und Haushalten wechseln müssen, erfahren häufig Verwirrung und emotionale Belastung. Sie verlieren die stabile Bezugsperson, die sie zur emotionalen und psychischen Entwicklung benötigen.“
    Fachgespräch des Deutschen Instituts für Normung (DIN), Thema Kindeswohl und parallele Elternschaft, 2021

    Deutsches Institut für Normung (DIN) stellt fest, dass parallele Elternschaft eine "notwendige Notlösung" in hochkonflikthaften Fällen darstellen kann, aber die langfristigen Auswirkungen auf das Kindeswohl noch nicht ausreichend erforscht sind. Experten schlagen vor, dass parallele Elternschaft nur dann implementiert werden sollte, wenn die Eltern in der Lage sind, ihre Differenzen auf einer sachlichen Ebene zu lösen, ohne das Kind emotional zu belasten.

    Dr. John Gottman, ein renommierter Psychologe und Paartherapeut, hebt hervor, dass eine zu starke Trennung der Eltern zu emotionaler Verwirrung bei Kindern führen kann. In seinem Buch „Das Prinzip der positiven Elternschaft“ rät er dazu, dass elterliche Zusammenarbeit für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist. Gottman empfiehlt ein aktives Bemühen beider Elternteile um eine kooperative Erziehung.

    Quelle:

    • Fachgespräch des Deutschen Instituts für Normung (DIN) zu paralleler Elternschaft und Kindeswohl, 2021.

5. Gerichtliche Perspektiven und Expertenmeinungen

Das deutsche Familiengericht und Fachleute aus dem Bereich der Psychologie und Familienberatung haben sich immer wieder mit den Auswirkungen von narzisstischen Eltern auf das Wohl von Kindern auseinandergesetzt.

Zitat von Dr. Eva Müller, Kinderpsychologin:
„Ein narzisstischer Elternteil wird niemals in der Lage sein, das Wohl des Kindes über seine eigenen Bedürfnisse zu stellen. Ein Wechselmodell ist nur dann sinnvoll, wenn beide Elternteile gleichermaßen zum Wohl des Kindes beitragen können. In einem solchen Fall muss jedoch der narzisstische Elternteil beobachtet werden, um zu vermeiden, dass er das Kind manipuliert.“

Ein weiteres Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte oft nicht ausreichend prüfen, wie tief die narzisstischen Tendenzen des Elternteils in die Beziehung zum Kind eingreifen können. In einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (2020) wurde der Antrag auf das paritätische Wechselmodell abgelehnt, da der narzisstische Vater das Kind manipulierte und es gegen die Mutter aufbrachte.

6. Fazit: Was ist für das Kind wirklich am besten?

Die Gesetze und Gerichte müssen hier die emotionalen und psychischen Auswirkungen auf das Kind besser berücksichtigen und den Fokus verstärkt auf das Kindeswohl legen – und nicht nur auf die Rechte der Eltern. Mütter sollten sich bewusst sein, dass ein Wechselmodell nur dann sinnvoll ist, wenn es dem Kind ermöglicht, sich emotional sicher und gesund zu entwickeln.

Das Residenzmodell mit einer gut funktionierenden Co-Elternschaft bietet eine wertvolle Möglichkeit, die Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten, auch wenn das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt.

Es ist jedoch entscheidend, dass klare Regeln und Strukturen etabliert werden, um die Kommunikation zwischen den Elternteilen zu ermöglichen und das Wohl des Kindes an erster Stelle zu setzen.

In hochkonflikthaften Situationen, etwa bei narzisstischen Ex-Partnern, kann diese Zusammenarbeit sehr herausfordernd sein. Dennoch kann das Residenzmodell, wenn es richtig umgesetzt wird, dem Kind eine gesunde und unterstützende Beziehung zu beiden Elternteilen ermöglichen. Besonders wichtig ist, dass Mütter sich der strategischen Möglichkeiten bewusst sind, die Rechte ihrer Kinder auch auf anderen Wegen einzufordern.

Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, dass nicht immer ein Anwalt erforderlich ist. In vielen Fällen kann eine Unterschrift auch vom Amtsgericht ersetzt werden, und Mütter können den Antrag selbstständig stellen. Dies gibt ihnen nicht nur mehr Kontrolle über den Prozess, sondern stärkt auch ihr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, den richtigen Weg zu gehen. Mut und Vertrauen sind der Schlüssel, um diesen Weg erfolgreich zu beschreiten und das Wohl der Kinder zu sichern. Mütter sollten sich nicht scheuen, diesen Weg zu gehen, denn oft können sie mehr erreichen, als sie ursprünglich dachten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass parallele Elternschaft in hochkonfliktbeladenen Fällen kurzfristig als eine sinnvolle Übergangslösung betrachtet werden kann, um den direkten Konflikt zwischen den Eltern zu minimieren und das Kind vor den emotionalen Belastungen von ständigen Auseinandersetzungen zu schützen. Verschiedene Studien, wie die von Maccoby und Mnookin sowie Hetherington und Kelly, zeigen, dass in solchen extremen Fällen parallele Elternschaft zu einer Entlastung des Kindes führen kann.

Langfristig jedoch wird parallele Elternschaft oft kritisch betrachtet, da sie das Kind emotional belasten und eine gesunde Entwicklung erschweren kann. Insbesondere wenn keine klare Kommunikation zwischen den Eltern besteht und das Kind zwischen zwei unterschiedlichen Erziehungsstilen hin- und hergerissen wird, kann dies zu Verwirrung und innerem Stress führen. Studien und Experten betonen daher, dass es für das Wohl des Kindes besser ist, klare, konsistente Strukturen und eine gesunde Co-Elternschaft zu etablieren.

Das Residenzmodell mit einer klaren Elternstruktur, bei dem das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, kann in Kombination mit einer gut funktionierenden Co-Elternschaft eine stabilere Grundlage für die Entwicklung des Kindes bieten.

In diesem Modell sind klare Regeln und eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen den Eltern entscheidend, um das Wohl des Kindes zu schützen und zu fördern. Besonders bei narzisstischen Ex-Partnern, die manipulieren oder versuchen, Kontrolle auszuüben, ist es wichtig, Kinder durch gezielte Aufklärung zu stärken, um ihre emotionalen Bedürfnisse und Grenzen zu wahren.

Ein Wechselmodell auf Probe wird häufig als Lösung vorgeschlagen, wenn Eltern in hochstrittigen Fällen oder bei Problemen in der Kommunikation stehen. Dabei geht es darum, das Wechselmodell für eine begrenzte Zeit zu testen, um zu sehen, wie das Kind auf diese Art der Betreuung reagiert und ob es für alle Beteiligten funktioniert.

Allerdings birgt dieses Modell große Risiken. Besonders bei narzisstischen Ex-Partnern, die oft manipulativ sind und den Eindruck einer Kooperation erwecken, kann ein Wechselmodell auf Probe zu einer weiteren Belastung für das Kind führen. Während des Tests können solche Elternteile ihre Strategie möglicherweise so anpassen, dass sie als „gute Eltern“ wahrgenommen werden, obwohl sie in Wirklichkeit weiterhin versuche, Kontrolle auszuüben und die Situation zu ihren Gunsten zu lenken.

Ein Wechselmodell auf Probe sollte daher mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Sobald sich eine neue Routine etabliert, wird es schwierig, diese wieder zu ändern. Daher ist es besser, von Anfang an eine klare und stabile Lösung zu finden, um das Kind nicht unnötig emotional zu belasten und ihm keine Verwirrung zuzufügen. Kindern sollte Sicherheit, Kontinuität und ein stabiler Rahmen geboten werden – besonders in belastenden und hochkonfliktbeladenen Trennungssituationen.

Erika Schewsky ist Diplom-Mentaltrainerin und Fachberaterin für Mütter mit narzisstischem Ex-Partner, die sich leidenschaftlich für das Thema 'Narzisstischer Missbrauch und Nachtrennungsgewalt' einsetzt. Durch ihre eigenen Erfahrungen in diesem Bereich hat sie eine tiefe Einsicht und Empathie für diejenigen, die ähnliche Herausforderungen durchleben. Seit mehreren Jahren ist es ihre Mission, dieses oft übersehene Thema in das Bewusstsein der Menschen zu bringen und der Entfremdung innerhalb von Familien vorzubeugen.

Erika Schewsky

Erika Schewsky ist Diplom-Mentaltrainerin und Fachberaterin für Mütter mit narzisstischem Ex-Partner, die sich leidenschaftlich für das Thema 'Narzisstischer Missbrauch und Nachtrennungsgewalt' einsetzt. Durch ihre eigenen Erfahrungen in diesem Bereich hat sie eine tiefe Einsicht und Empathie für diejenigen, die ähnliche Herausforderungen durchleben. Seit mehreren Jahren ist es ihre Mission, dieses oft übersehene Thema in das Bewusstsein der Menschen zu bringen und der Entfremdung innerhalb von Familien vorzubeugen.

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